Historische Theologie
Die Historische Theologie (Kirchengeschichte) hat den Überlieferungszusammenhang zwischen dem bleibend gültigen Ursprung, wie er in den biblischen Schriften bezeugt ist, und gegenwärtigem Glauben und gegenwärtiger Praxis im Blick.
Dabei zeigt sich, dass die Tradierung des Ursprungs nicht einfaches Bewahren erfordert, sondern einen schöpferischen Übersetzungsprozess in sich wandelnde Situationen hinein verlangt: neue Rahmenbedingungen soziologischer und politischer Art ergeben sich, konkurrierende denkerische Entwürfe begegnen, bisher bewährte Lösungen versagen angesichts neuer Konstellationen. (Das könnte exemplarisch aufgezeigt werden am Weg der Kirche von einer kleinen Gruppe innerhalb der jüdischen Gemeinden über die intensive Begegnung mit hellenistischer Kultur und Philosophie bis hin zur Reichskirche des 4. und 5. Jahrhunderts.)
Historische Theologie beschreibt neben gelungenen Übersetzungen des Ursprungs auch verpasste Gelegenheiten zur Adaption, Verengungen, Verhärtungen, Schuld und Versagen. Indem sie solcherart misslungene Tradierung zur Sprache bringt, erweist sie sich als kritisches Korrektiv gegenüber einem zu statischen bzw. triumphalistischen Kirchenbild.
Die Diskussion darüber, ob und in welchem Sinn der Kirchengeschichtler Theologe oder ob er "nur" Historiker sei, ist zu einem guten Teil bloß akademisch. Konkret kann er nur mit den Methoden historischer Wissenschaft arbeiten (andere stehen ihm nicht zur Verfügung), aber er tut das innerhalb des Kommunikationszusammen-hangs der Kirche – mit dem spezifischen theologischen Interesse dessen, der "dazugehört".
(Vgl. J. Wohlmuth (Hg.): Katholische Theologie heute. Eine Einführung in das Studium, Würzburg 1990, 46-48. 204-206)
[Karlheinz Sorger]